Im Angestelltenbereich ist es üblich, dass neben den reinen Grundgehältern auch Provisionen gezahlt werden bzw. eine Zielvereinbarung zwischen den Vertragsparteien geschlossen wird.

Das Bundesarbeitsgericht hatte bereits im Jahr 2010 (Urteil vom 12.05.2010, Az.: 10 AZR 390/09) wie folgt entschieden:
Für den Fall, dass eine Zielvereinbarung im gesamten Kalenderjahr aus Gründen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, unterbleibt, kann der Arbeitnehmer Schadensersatz verlangen, über dessen Höhe das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung entscheidet.
Ist zwischen den Parteien bereits ein bestimmter Betrag für die 100%ige Zielerreichung vorgegeben und kommt aus Gründen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, eine Vereinbarung der konkreten Ziele gerade nicht zustande, kann dies dazu führen, dass der Arbeitnehmer im Wege des Schadensersatzes so zu stellen ist, als ob er die Ziele zu 100 % erreicht hätte (BAG, 10.12.2008, Az.: 10 AZR 889/07).

Zu dieser Thematik liegt eine weitere Entscheidung des LAG Köln (26.01.2018 Az.: 4 Sa 433/17) vor:

Der Kläger war als Key-Account-Manager bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war zusätzlich zum regelmäßigen Entgelt geregelt, dass der Arbeitnehmer an einem Bonusprogramm teilnimmt und er im Rahmen dieses Bonusprogrammes einen Anspruch auf Zahlung eines Zielerreichungsbonus von € 10.000 habe sowie die Einzelheiten des Bonusprogramms ihm bei Beginn seiner Teilnahme an dem Programm schriftlich mitgeteilt werden. Ferner war im Arbeitsvertrag festgelegt, dass es im alleinigen Ermessen des Arbeitgebers liege, das Bonusprogramm von Zeit zu Zeit zu ändern.

Zum jeweiligen Jahresbeginn gab es Meetings, in denen die Umsatzzahlen der Außendienstmitarbeiter sowohl für das vergangene Jahr, als auch für das kommende Jahr präsentiert wurden. Zwischen den Parteien war streitig, ob es sich bei den erwarteten Zahlen um verbindliche Vorgaben handelte. Andere Mitarbeiter hatten in den Jahren 2013 bis 2015 Boni in unterschiedlicher Höhe erhalten. Der Kläger erhielt € 5.000 und war der Auffassung, dass in den Jahren 2013 und 2014 überhaupt gar keine Zielvereinbarung vorlag und für 2015 eine völlig unrealistische Vorgabe gemacht wurde.

Seine Klage war sowohl beim Arbeitsgericht, als auch beim Landesarbeitsgericht erfolgreich. Das LAG Köln führte aus, dass für den Fall, dass es in einer Zielvorgabe oder Zielvereinbarung fehle, es nicht so sei, dass der Arbeitgeber den Bonus nicht beanspruchen könne. Das LAG Köln stellte in seiner Entscheidung auf die – bereits in anderen Urteilen – erwähnte Unterscheidung zwischen „Zielvereinbarung“ und „Zielvorgabe“ ab.

Bei der Zielvereinbarung werden die Ziele zwischen den Parteien festgelegt. Bei einer Zielvorgabe kann der Arbeitgeber – in Ausübung seines Direktionsrechts und unter Zugrundelegung von Billigkeitsgesichtspunkten – die Ziele einseitig vorgeben. Ist die Zielperiode bereits abgelaufen und kam eine Zielvereinbarung nicht zustande (man spricht hier von Unmöglichkeit durch Zeitablauf), sei eine nachträgliche Zielbestimmung ausgeschlossen. Hier könne der Arbeitnehmer Schadensersatz verlangen, wobei hier auch unter Umständen eine fehlende Mitwirkungen des Arbeitnehmers im Rahmen eines Mitverschuldens zu prüfen sei.

Bei einer einseitigen Zielvorgabe könnte diese grundsätzlich durch Urteil im Nachhinein vorgenommen werden, wenn der Arbeitgeber eine Zielvorgabe unterlässt. Das LAG Köln stellte – wie zuvor auch das Bundesarbeitsgericht – generell darauf ab, dass dem Arbeitgeber hier ein Initiativrecht obliege.

Was die Zielvorgaben für das Jahr 2015 anbelangt, so hat das LAG Köln ausgeführt, dass der Arbeitgeber sich der Verpflichtung zur Zahlung eines Bonus nicht einfach dadurch entziehen könne, dass er zwar verhandele, aber Zielvorgaben festlege, die schlichtweg nicht erreicht werden könnten.

Das neuere Urteil des LAG Köln zeigt erneut, wie schwierig unterlassene Zielvereinbarungen, insbesondere für Arbeitgeber sein können bzw. welche erheblichen Konsequenzen hieraus entstehen. Wie die betriebliche Praxis zeigt, verzögern sich oft Zielvereinbarungen (z.B. durch Geschäftsreisen oder umfangreiches operatives Geschäft), sodass ein Arbeitgeber sehr schnell Gefahr läuft, Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu sein.

Bei der Gestaltung und Durchsetzung von Zielvereinbarungen bzw. Zielvorgaben ist daher aus Arbeitgebersicht besondere Sorgfalt geboten. Neben der Möglichkeit, dass der Arbeitgeber die Grundsätze nach billigem Ermessen festlegt, kann z.B. auch in Form eines Rahmenvertrages ein Vermittlungsverfahren mit der Entscheidung durch eine betriebliche Instanz im Falle einer Nichteinigung vereinbart werden.